Der Wiener Kongress und seine Auswirkung

Das Königreich (Kurfürstentum) Sachsen stand bei kriegerischen Auseinandersetzungen oft auf der falschen Seite. So auch bei den Befreiungskriegen an der Seite Napoleons. Als 1813 die Völkerschlacht bei Leipzig bzw. 1815 die vernichtende Niederlage bei Waterloo das Ende der napoleonischen Herrschaft hervorrief, wurde unter den beteiligten Siegermächten vom 18. Sept. 1814 bis 9. Juni 1815 der „Wiener Kongress“ einberufen, der die Neuordnung Europas sowie die Herbeiführung des Gleichgewichts der Machtverhältnisse zum Ziel hatte. Sachsen verlor durch den Beschluss zwei drittel seines Territoriums und ca. 40% seiner Einwohner. So den thüringischen Kreis, den Kurkreis Wittenberg, die gesamte Niederlausitz und die östliche Oberlausitz an das Königreich Preußen.

Um dem Nachdruck zu verleihen, tagte am 27. Juli 1818 eine Grenzregulierungskommission mit Sächsischer und Preußischer Beteiligung. Der Arbeitstitel lautete:

 

. . . „Grenzregulierungskommission zur Regelung der gemeinschaftlichen Verabredung über die Einleitung und Behandlungsart des Grenzregulierungsgeschäftes.“

 

Der Verhandlungsort war das Stift Joachimstein, ein Schloss (als Fräuleinstift erbaut), auf ehemals sächsischem Territorium. Heute steht dieses Schloss auf polnischem Gebiet, in Radomierzyce (Radmeritz) in unmittelbarer Nähe des Grenzüberganges Hagenwerder bei Görlitz. (Leider nicht zu besichtigen)

         

        Schloss 1708 - 1728 erbaut v. Siegesmund v. Ziegler u. Klipphausen nach Plänen Christoph Beyer (Pöppelmann)

Gäste des Schlosses waren u.a. Adolph v. Lützow; Turnvater Jahn; Theodor Körner; General Blücher; Prinz Wilhelm v. Preußen; König Johann v. Sachsen; König Friedrich August v. Sachsen

 

 Folgender Beschluss zur Festlegung des ersten Grenzpunktes wurde hier dokumentiert:

Beschluss zur Festlegung des ersten Grenzpunktes

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  Übertragung des Textes:

Stift Joachimstein, am 28.Juli 1818

„In Gemäßheit des gestrigen Beschlusses/ waren heute

Vormittag die nötigen Be/stellungen an die Ortsgerichte

derjeni/gen Dorfschaften erlassen worden, wel/che bei

der heutigen Grenzbeziehung in/ Berührung kommen,

beiderseits königli./ Kommissionen aber trafen heute

nach/mittags bei dem Punkt A. an der Wittig/ ein,

woselbst ein am linken Ufer/ derselben stehender

scharfkantiger Stein/ den Ort bezeichnet,

an welchem in der/ Wittig die Grenze von Wilka und                                                                                       

Wanscha/ mit der Grenze von Böhmisch Wiese

zu/ sammenstoßen. . . . „

 Quelle: Staatsfilialarchiv Bautzen, Repro

 

 

 Die konkrete Festlegung des Verlaufs der Grenze zwischen Preußen und Sachsen erfolgte im folgenden Text. (Auszug)

 konkrete Festlegung des Grenzverlaufes-

 

 

 

 

 

 

 

Übertragung des Textes:

 „Verzeichnis/ der an der Wittig bis an die Sree des Liegnitzer/ Departements gesetzten Grenzsäulen./

Nr. 1, beim Austritt der Wittig aus Böhmen, den Preußischen Grenzpfahl/ auf der rechten Seite der Wittig, fünf Fuß vom Ufer; der Sächsische/ auf die linke Seite, 9 Fuß vom Wittigufer, 9 Fuß vom Böhmischen/ Grenzstein. 3 Meilen

2 ½   – 2. An der Knüppelbrücke bei Wanscha

2 ¼   -  3. An der Niedaer Brücke

2 ¼   -  4. An der Grenze von Radmeritz mit Nieda

2 ¼   -  5. An der Grenze von Radmeritz mit Anntnitz. .  .  .“

In dieser Auflistung sind die Standorte der ersten Grenzpfahlsetzung festgehalten. Bei diesen handelte es sich noch um hölzerne Grenzpfähle, (Grenzadler) die erst später um 1828 – 31 durch steinerne Säulen ersetzt wurden. Ausschlaggebend dafür war, dass die hölzernen Pfosten durch „ruchlose Hand“  beschädigt und zu Heizzwecken verwendet wurden. Man erkannte, dass die steinernen Grenzzeichen auf lange Sicht, geringere Kosten verursachten und empfahl, sich der Erfahrung der königlich-niederländischen Regierung anzuschließen, die bereits Erfahrung mit steinernen Grenzsäulen hatte. Erst im August 1826 wurde der Beschluss gefasst, steinerne Grenzpfähle zu setzen. Keine Auskunft konnte ich erlangen, aus welchen Steinbrüchen die jeweiligen Granitblöcke bzw. Sandsteinsäulen bezogen wurden. In den meisten Brüchen gibt es dazu keinerlei Archivunterlagen aus dieser Zeit.

Am 12. Sept. 1815 wurde auf einer Konferenz beschlossen, eine „subdelegierte Kommission“ mit der Aufgabe zu benennen, in der Oberlausitz mit der „Grenzberainung“ zu beginnen und deren Ergebnis zu kartografieren. Der Kommission wurden jedoch keinerlei Beschlussrechte eingeräumt, sondern –

 „ . . . erst wenn die projektierte Grenze höchsten Ortes genehmigt, die Bepfählung bewerkstelligt werden sollte.“

Als Bevollmächtigte wurden eingesetzt – von Sächsischer Seite die Kommissarien Bünau, Günther und v. Watzdorf. Von Preußischer Seite die Herren Gaudi, Friese und Sietze.

Am 28. Juli 1818 begann die Kommission mit den Vermessungsarbeiten.

Dabei stellte sich heraus, dass die Maße nicht kooperierten. Also wurde das Abgleichen der jeweiligen „Maßstäbe“ vorgenommen. Man einigte sich auf die Verwendung „Rheinische Fuß“.

Ein Sächsischer Fuß betrug damals 283,2 mm; ein Preußischer Fuß 313,85 mm. Der rheinische Fuß wurde mit 265,5 mm bemessen.

Um bei der Grenzziehung keine Härtefälle zu veranlassen, so war es

 „. . . beiden Seiten wünschenswerth, dass auf die thunlichste Zusammenhaltung der Fluren möglichst Rücksicht genommen werde.“